Nach dem Auschecken aus dem Hotel haben wir zunächst versucht, eine Post zu finden, damit Karin einen Geburtstagsgruß als Brief wegschicken kann (die Rezeptionistinnen im Hotel Niky wußten das Briefporto nicht). Das haben wir aber schnell aufgegeben, da rund um die Postfiliale das absolute Verkehrschaos mit ausgiebigen Hupkonzerten herrschte und bei uns noch keine ausreichende Anpassung an die bulgarischen Verkehrsgewohnheiten stattgefunden hat.
Deshalb sind wir gar nicht erst ausgestiegen, sondern sind zum National-archäologischen Museum weitergefahren. Auch wenn der Führer das Museum nur wegen der Kopie des Reiters von Madara empfiehlt, der dort halbwegs aus der Nähe betrachtet werden kann (was sich dann als immer noch recht suboptimal rausstellte, da die Kopie an der Stirnwand im 1.Stock angebracht ist, auf die eine breitere Treppe hinführt, die dann aber leider doch nicht bis ganz oben führt, sondern am Ende nach beiden Seiten parallel zur Stirnwand abknickt. Dadurch steht man immer mehr oder weniger unterhalb des Reiters und holt sich eine Genickstarre). Trotzdem kann man ihn hier sicherlich sehr viel besser sehen als am Orginalstandort. Aber die Funde aus römischer, thrakischer und Stein- und Bronzezeit sind IMHO sehr viel interessanter. Insgesamt ist das Museum definitiv einen Besuch wert!
Als wir das Museum verlassen haben, war es schon kurz vor 13h und wir mußten uns sputen, wenn wir an dem Tag noch was anderes erleben wollten. Als erster und nächster Punkt auf unserer Besichtigungsliste stand das Rilski-Kloster. Die Fahrt dahin ging erstmal durch die Außenbezirke von Sofia und die Straßen waren immer noch grausam wie in der Sofioter Innenstadt. Da ich mich über die Straßen in Sofia noch nicht ausgelassen habe, schnell ein kurzer Exkurs dazu: Schon bei der Übernahme des Wagens wurde ich darüber informiert, daß die Straßen in Sofia deutlich schlechter wären als im Rest des Landes. Und die Straßen in Sofia sind wirklich sehr, sehr schlecht. Man muß tatsächlich beim Fahren permanent aufpassen, ansonsten knallt es unweigerlich Sekunden später unter dem Auto. Und einige Schlaglöcher sind so groß und tief, daß man eine Großfamilie Meerschweinchen drin halten kann. Dazu kommt, daß die Bulgaren die meisten Verkehrsvorschriften eher als nette Märchen ansehen. Da wird eigentlich nie geblinkt, permanent über zwei Fahrspuren gefahren, Motorräder quer über den Bürgersteig und Autos in Verlängerung einer Bürgersteigecke mitten in die Kreuzung hinein geparkt. Aber auch alle anderen Verkehrteilnehmer interpretieren die Vehrkehrsregeln ziemlich frei. So haben wir am ersten Tag in Sofia mehrere Personen seelenruhig am Rand der Autobahn entlangspazieren sehen. Und auch Pferdekarren nutzen hier ganz selbstverständlich die Autobahn. Aber im Gegensatz zu Sofia und ebenfalls von dem Mitarbeiter von Europcar angekündigt sind die Straßen im restlichen Land (soweit wir das jetzt schon beurteilen können) deutlich besser (Ausnahme: um Mellnik herum). Ende des Exkurses zu den Straßenverhältnissen. Wir sind also auf den besser werdenden Straßen von Sofia bis hinter Rila zum Rilski-Kloster gefahren. Das Kloster ist schon von seiner Lage am Ende eines langen Tales sehr beeindruckend. Aber wenn man dann durch das Tor geht und die gesamte Anlage aus Turm und Kirche in der Mitte und den eigentlichen Klostergebäuden als eine Art 5-Eck drumherum sieht, dann kann einem schon mal ein ehrliches Wow entfahren. Die Kirche ist wieder sehr duster und ansonsten nichts außergwöhnliches und den Turm kann man leider nicht besteigen, aber die Kirche ist auch außen an den von einem breiten Dach geschützten Wänden bemalt, und das dazu noch sehr farbenfroh. Und dazu kommt die Streifenbemalung der restlichen Außenwände der Kirche und die Größe und das Fachwerk des eigentlichen Klosters. Das Museum ist ganz nett und man kann es sich antun, aber wirklich wichtige Informationen oder Ausstellungsstücke findet man dort nicht. Das Interessanteste sind sicherlich die ausgestellten Waffen der Wachen aus dem 18. Und 19. Jahrhundert. Nach dem Klostermuseum haben wir noch Postkarten gekauft und uns dann wieder auf den Weg gemacht. Wir wußten nicht, wie weit wir noch kommen und so haben wir entweder Blagoevgrad oder Bansko als mögliche Orte zum Übernachten ins Auge gefaßt. Die Fahrt nach Blagoevgrad ging sehr fix, so daß wir nach Bansko weitergefahren sind und uns darauf gefreut haben, am nächsten Morgen in den Bergen aufzuwachen. Die Fahrt von Blagoevgrad nach Bansko war auch zunächst vielversprechend. Aber wir landeten schließlich in einem gigantischen Talkessel und Bansko stellte sich als große Baustelle und Retortenstadt neben der Altstadt heraus. Fast alle Hotels hatten geschlossen, so daß wir schon damit gerechnet haben, möglicherweise für diese Übernachtung deutlich mehr zu bezahlen. Wir waren dann froh, als wir in einem Eingang jemanden stehen sahen und haben wir sofort angehalten. Und wir waren ziemlich happy, als wir ein Zimmer im Hotel Hadji Georgi bekamen und waren dazu noch sehr angenehm vom Zimmerpreis überrascht (30 Lev = ~15€). Das Zimmer war zwar sehr einfacher Art und in der Saison sicherlich nur für Partyverrückte erstrebenswert, da es direkten Zugang zum Biergarten hinter dem Hotel hatte (außerdem fehlte im Bad der Duschvorhang und man setzte beim Duschen das gesamte Bad unter Wasser), aber alle Mängel machte die nette Besitzerin wieder wett, mit der wir uns beim Abendessen und danach ausgiebig unterhalten haben. Sie hat uns schon vor dem Essen zum einem großen Schluck von ihrem Mann (der leider kein Wort Englisch sprach) selbstgebrannten Rakhia (der Begriff ist jetzt eine rein akustische Schreibung nach meinem Gedächtnis) eingeladen, von dem wir dann auch noch eine Flasche mitgenommen haben. Der Abstecher nach Bansko von ca. 30km hat sich alleine für dieses Kennenlernen gelohnt und zeigt mal wieder die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Bulgaren. Posted from WordPress for Android on SE Xperia X10 mini pro